Leitzinserhöhung der FED und ihre Auswirkungen

Am 16 Dezember 2015 hat die US-amerikanische Notenbank FED (Federal Reserve System) den Leitzins erstmals seit der Finanzkrise 2007/2008 erhöht. Wie in den letzten neun Jahren wurde wieder ein Zinskorridor eingerichtet. Dieser bewegt sich jetzt zwischen 0,25% und 0,50 % (vorher: 0,00 – 0,25 %).

Der nun erfolgte Zinsschritt der US-Notenbank könnte möglicherweise in 2016 einen Erhöhungszyklus für die USA und auch für Europa einleiten. 

Ende der Niedrigzinsphase?

Die Zinsentscheidung der FED ist sehr bedeutsam, denn die Ära beispielloser Niedrigzinsen endet damit – aber nur womöglich. Die FED betritt nämlich geldpolitisches Neuland, denn die Zinswende muss nicht gelingen. In Japan wurden die Leitzinsen 1996 auf ein Rekordtief nahe null gesenkt und konnten seither nicht mehr erhöht werden. Die Auswirkungen auf den Kapital- und Zinsmarkt wurden bislang mechanistisch wie folgt bewertet: Eine Leitzinserhöhung kann Aktienerträge sinken lassen, während die Renditen von Anleihen mit kurzer Laufzeit steigen sollten. Empirisch hat sich das nicht bestätigt.

Nach jüngeren Untersuchungen hat ein Zinserhöhungszyklus unterschiedliche Auswirkungen je nachdem, ob er die Finanzmärkte überraschte oder erwartet worden war. Letzteres ist dieses Mal der Fall, denn Ankündigungen der FED gab es seit 2013. Die Märkte blieben nach dem 16.12.2015 sehr ruhig. Schon im Vorfeld hatten die Renditen zehnjähriger US-amerikanischer Staatsanleihen auf die Ankündigung eines Zinsschrittes reagiert. Die Aktienmärkte verlangsamten etwas später ihren Anstieg, sie agieren kurzfristiger.

Auswirkungen auf Europa und Deutschland

Europäische und deutsche Anleihen reagierten kurz nach den amerikanischen Titeln, allerdings sehr verhalten. Die Zinspolitik der EZB läuft nämlich aktuell entgegen den Maßnahmen der FED. Die Europäische Zentralbank hat erst im Spätherbst ihr Quantitative Easing (Anleiheaufkäufe) ausgedehnt und manifestiert, das ist das Gegenteil einer Leitzinserhöhung. Schon 2014 hatte EZB-Chef Draghi angekündigt, die Nullzinspolitik bis Ende 2016 durchhalten zu wollen.

Doch in den USA könnten die Leitzinsen im kommenden Jahr bis auf 1,5 % steigen. Wenn das passiert, dürften auch die europäischen Märkte volatil reagieren. Das ist eine vorherrschende Meinung bei deutschen Analysten. Der DAX könnte in der ersten Jahreshälfte 2016 kräftig schwanken. Sollte sich in dieser Zeit die Meinung durchsetzen, dass die FED-Leitzinserhöhungen verfrüht waren oder zu stark ausfielen, wäre eine Rezession am Aktienmarkt die Folge. Unter diesen Umständen ist eine europäische Leitzinserhöhung erst recht nicht zu erwarten. Die Empfehlung an die Käufer deutscher und europäischer Titel lautet daher, im nächsten Halbjahr vorsichtig zu agieren.

Autor

Thomas Hönscheid

Beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren beruflich mit Finanzprodukten. Er ist Bank- und Diplom-Kaufmann weitere Infos zum Autor